Erkenne mich selbst - Es ist.
Mit diesem wunderbar geheimnisvollen Satz bin ich vor vielen Jahren ins Jin Shin Jyutsu eingestiegen. Damals - es war im Jahr 2000 - barg dieses Zitat von Mary Burmeister für mich vor allem die Verheissung, dass ich bald, ganz bald, ENDLICH diesen wunderbaren Ort in meinem Innersten betreten würde, der hochspirituell, rein und über alles Irdische erhaben sein würde.
Ich verwechselte offensichtlich Selbsterkenntnis mit Wolkenkuckucksheim.
Doch ebenso, wie ich irgendwann im Laufe meines Jin Shin Jyutsu Weges gesehen habe, dass nirgendwo, aber auch wirklich nirgendwo geschrieben steht: "Jin Shin Jyutsu ist eine uralte japanische Heilmethode, die alles wieder in Ordnung bringt und Dich zu einem besseren Menschen macht.", habe ich diesen Satz - "Erkenne mich selbst" - als etwas zutiefst Persönliches und Heilsames begriffen.
Ich muss an dieser Stelle einmal ausholen und vertiefen.
Die Sache mit der japanischen Heilkunst ist einer der ersten Stolpersteine, wenn nicht gar DER Stolperstein schlechthin für alle, die mit dem Strömen beginnen. Wir westlich geprägten Menschen haben die Tendenz, den asiatischen Menschen einige Superkräfte zuzusprechen, und irgendwann wurde alles Asiatische, das sich einen Weg in den westlichen alternativen Esoterikmarkt gebahnt hatte, zu einer Art Qualitätsmerkmal. Sehr schnell wurde dabei übersehen (oder vergessen?), dass auch der asiatische Mensch schlichtweg Mensch ist. Mit allen Höhen und Tiefen! Dass die kulturell bedingte, und somit nicht nur asiatische Fähigkeit, philosophisch und ganzheitlich auf das Leben zu reagieren sehr hilfreich sein kann, hat sich mittlerweile auch in unserer Kultur herumgesprochen.
Wir profitieren inzwischen tatsächlich weltweit davon, dass sich diese Haltung durchsetzt.
Jedoch hat das Jin Shin Jyutsu nur bedingt etwas mit japanischer Heilkunst zu tun. Natürlich: es wurde in Japan von Jiro Murai zufällig entdeckt. Er spürte etwas in seinem Körper, in seinem ganzen Wesen, und erforschte es fortan. Mary Burmeister, die als japanischstämmige Amerikanerin mit ihm gemeinsam forschte und entwickelte, brachte ihren kulturellen Hintergrund mit ein. Daher haben wir es auch heute noch mit vielen japanischen Begriffen und Bildern zu tun - und nicht zuletzt mit einem japanischen Namen.
Erst nach vielen Jahren ist mir jedoch aufgefallen, was auf dem ersten Selbsthilfebuch von Mary Burmeister (welches sie immerhin bereits Anfang der 60er Jahre geschrieben hatte) direkt ganz vorne auf dem Einband steht: "Jin Shin Jyutsu IST." Es IST. Punkt. Das hatte ich in meiner Bemühung, möglichst schnell ans heilige Ziel der Spiritualtät zu gelangen, schlichweg überlesen. Jahrelang konnte ich mich hinter der japanischen Heilkunst verstecken, wenn ich nach meinem beruflichen Weg gefragt wurde.
Doch heute ist es anders. Heute sage ich: "Ich gebe Jin Shin Jyutsu Selbsthilfekurse. Das ist eine aus Japan stammende Behandlungsmethode. Es geht um Energie im Körper, aber auch in den Emotionen und den Gedanken."
Jin Shin Jyutsu ist eine moderne, ja, zeitlose und universelle Lebenskunst. Sie ist eine Unterstützung für alle, die körperliche Beschwerden haben, aber auch ein Weg zu sich selbst. "Erkenne mich selbst - Es ist" ist ein Teil dieses Weges. Und genauso wenig, wie es eine Garantie dafür gibt, dass nach einigen Strömereien meine Rückenschmerzen verschwinden, gibt es diese Garantie dafür, dass meine Selbsterkenntnis immer nur super ist.
Es wäre naiv zu glauben, dass ein Erkennen meiner Selbst den Himmel aufreissen ließe, um mich mit güldenem Licht zu umfloren, garniert mit Engelschorälen. Vielmehr ist die Selbsterkenntis der Prozess einer inneren Heilung, einer bislang nicht gekannten Wohltat - ja, so bin ich. Und so, wie ich bin, ist es genau richtig. Es ist. Im Englischen steht dieses "IT IS" für "Infinite self, infinite truth", also "Unendliches Selbst, unendliche Wahrheit". Achtung, Falle Nummer 2! Mein unendliches Selbst ist untrennbar mit der unendlichen Wahrheit verknüpft, der Wahrheit über mich selbst natürlich, wessen Wahrheit denn sonst? Und es geht nicht um meine Idealvorstellung meiner Selbst, oder auch die Erwartungen der Welt an mich.
Erkenne mich selbst. Es ist. So schlicht, so wohltuend. Und auf diesem Weg kommt die vielgepriesene Selbstannahme ganz einfach so zu mir. Von Innen nach Aussen, einfach, indem ich mich ströme, indem ich offen bleibe für alles, was in mir in Ordnung kommen mag. Und manchmal werde ich auf diesem Weg auch Anteilen in mir begegnen, die ich lieber nicht hätte - und nichts, kein "Du musst nur xyz tun, dann ist alles Licht und Liebe", wird sie mir schmackhaft machen können. Doch - Überraschung! Im Laufe der Strömjahre wird es immer leichter und reizvoller, sich genau diesen Anteilen besonders liebevoll zu widmen. Erkenne mich selbst - es ist.
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